Systemspannung der Inselanlage richtig wählen - 12V, 24V oder 48V
Insel-Photovoltaikanlagen sind je nach Anwendungsfall in ihrer Systemspannung zu wählen. Diese muss aber grundlegend richtig festgelegt werden, da es im nachhinein teuer werden kann. Hier schauen wir uns das ganze Thema einmal genauer an.
Die Systemspannung ist der erste und wichtigste Schritt in der Planung einer Insel-Photovoltaikanlage. Die drei typischen Nominalspannungen sind 12V, 24V und 48V. Zwar gibt es auch 36V, jedoch ist die Vielfalt an Bauteilen hier nicht gegeben. 36V Systeme finden wir eher in Booten und anderen Kleinstfahrzeugen. In diesem Beitrag lasse ich diese damit weg.Ein erster Vergleich und wesentliche Unterschiede
Schauen wir uns vorab ein paar generelle Unterschiede an, bevor wir uns die einzelnen Systemspannungen genauer ansehen.Je höher die Spannung, desto geringer der Preis.
Stimmt das auch?Laderegler:
Die meisten Laderegler können 12V und 24V. Manche können zusätzlich auch 48V. Kauft man sich einen Laderegler und ist sich mit seiner Systemspannung noch nicht ganz sicher, sollte hier ein 12/24/48V Laderegler ausgesucht werden.Jedoch liegt der Preis des Ladereglers eher nicht bei der Systemspannung, sondern in der Stromstärke (Ampere).
Nutzt du ein 12V System und einen 10A Laderegler, so kann maximal (bei einer Blei-Säure Batterie)
14,4V x 10A = 144W
Ladeleistung erzielt werden. Möchtest du mehr, wird ein größerer Laderegler benötigt.Machen wir die gleiche Rechnung bei einer 24V Anlage mit zwei in Reihe geschalteten 12V Blei-Säure Batterien:
28,8V x 10A = 288W
Und bei 48V sieht es so aus:57,6V x 10A = 576W
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Information: 14,4V, 28,8V bzw. 57,6V steht für die Ladeschlussspannung einer Blei-Säure Batterie. Je nach Batterietyp ist diese Ladeschlussspannung anders.
Wie du siehst, kann der Laderegler bei einer höheren Systemspannung kleiner ausfallen und ist damit günstiger.
Lesetipp: MPPT oder PWM Laderegler?
Wechselrichter:
Es gibt fast ausschließlich nur Wechselrichter für einen Spannungsbereich. 12V, 24V oder 48V ist die Nominalspannung. Der Spannungsbereich eines 12V Wechselrichters kann beispielsweise zwischen 10,8V und 15V liegen.Wechselst du im Nachgang die Systemspannung deiner Photovoltaikanlage z.b. von 12V auf 24V, so benötigst du einen neuen Wechselrichter. Das kann sehr teuer sein.
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Der 12V Bauteil-Markt ist ziemlich gut bestückt mit typischen Camping-Bedarf. Hier gibt es durchaus einige Bauteile, die günstiger sein können als für 24V. Beispielsweise kleine Kaffeemaschinen oder auch kleine Wechselrichter. Das trifft aber nicht auf alle Wechselrichter zu, da 24V und 48V der typische Markt für Photovoltaikanlagen ist.
Kabel:
Je länger das Kabel, desto höher die Verluste. Und je mehr Strom (in Ampere) über das Kabel fließt, desto wichtiger ist entweder ein kurzes Kabel oder ein sehr dickes.Bitte verwende nur hochwertige Kabel in ausreichenden Querschnitt. CCA Kabel sind verkupferte Alukabel. Diese sollten um etwa 1,6-fach so dick wie Kupfer Kabel gewählt werden. Der Sparfaktor hebt sich damit dann auch fast wieder auf. Bei Solarkabeln werden meist verzinnte Kupferkabel verwendet.
Spezifischer Widerstand von:
- Kupfer: 0.017 Ohm (x mm² / Meter)
- Aluminium: 0.026 Ohm (x mm² / Meter)
Dicke Kabel aus Kupfer sind teuer. Und der Kabelquerschnitt kann sich bei einer 24V Anlage gegenüber einer 12V Anlage halbieren.
Beispiel:
Wir benötigen ein Kabel von der Batterie zum Wechselrichter. Der Wechselrichter ist 2 Meter von der Batterie entfernt. Am Wechselrichter haben wir eine Last mit der Leistung von 1000W angeschlossen.
Bei einem 12V System fließen 83A (1000W : 12V). Laut Kabelquerschnittsrechner benötigen wir hier ein Kupferkabel mit 16mm² bzw. Alukabel mit 25mm².
Bei einem 24V System fließen 41,5A (1000W : 24V). Laut Kabelquerschnittsrechner benötigen wir hier ein Kupferkabel mit 8mm² bzw. Alukabel mit 12mm².
Bei einem 48V System fließen 21A (1000W : 48V). Laut Kabelquerschnittsrechner benötigen wir hier ein Kupferkabel mit 4mm² bzw. Alukabel mit 6mm².
Verwende immer den nächst höheren Querschnitt, wenn der Kabelrechner Querschnitte ausgibt, die es so nicht zu kaufen gibt! Runde immer auf.
Link-Tipp: Kabelquerschnittsrechner von electronicbase.net (musst du etwas runterscrollen)
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Speicher Batterien:
Bei Batterien wird es schwieriger, da es so viele verschiedene Technologien gibt. Blei-Säure/Vlies/AGM, Lithium-Ionen, Lithium-Eisenphosphat uvm.Typische 12V Blei-Batterien haben immer 6 fest miteinander verbundene Zellen. Möchte man ein 24V System daraus bauen, werden zwei der gleichen Batterien in Reihe geschaltet.
Lesetipp: Reihenschaltung und Parallelschaltung erklärt
Ähnliches gilt auch für Lithium-Batterien, welche in einem Gehäuse zusammengeschaltet sind. Hierbei gibt es 24V oder 48V in einem Gehäuse, was günstiger sein kann.
Wer selbst basteln möchte, kann das vor allem sehr gut mit LiFePo4-Zellen (prismatische Zellen). Hierfür benötigt man genau 4 einzelne Zellen für ein 12V System, 8 Zellen für 24V und 16 Zellen für 48V.
Bei Ausfall einer Zelle kann diese einzeln ersetzt werden.
Wichtig: du benötigst unbedingt ein BMS (Batterie-Management-System)
Kommen wir zu den Kostenunterschieden. In einem anderen Beitrag zeige ich noch auf, warum eine Lithium-Batterie günstiger ist als eine Blei-Batterie. Hier geht es nur um die Spannung.
Wie du im Beispiel mit dem Kabelquerschnitt bereits bemerkt hast, dass der Strom sich bei Verdopplung der Spannung halbiert (und der Kabelquerschnitt etwa geviertelt), so ist dies auch bei der Kapazität von Batterien der Fall.
Beispiel:
Bei 12V ist eine Batterie von 100Ah mindestens empfehlenswert.
12V x 100Ah = 1200Wh / 1,2kWh
Bei 24V werden nur zwei 12V 50Ah Batterien benötigt, welche in Reihe geschaltet werden.
24V x 50Ah = 1200Wh bzw. 1,2kWh
Bei 48V werden nur vier 12V 25Ah Batterien benötigt, welche in Reihe geschaltet werden.
48V x 25Ah = 1200Wh bzw. 1,2kWh
Hier haben wir jedoch nicht unbedingt einen direkten Kostenvorteil. Je größer die einzelne 12V Batterie ist, desto geringer ist oftmals der Preis pro Ah (Amperestunde). Dies kann jedoch beim Austausch von lediglich einer Batterie viele Kostenvorteile mitsich bringen.
Für welche Anwendung ist welche Systemspannung empfehlenswert?
Je nach Anwendungsfall kann die Systemspannung variieren. Es gibt Fälle, wo eine 12V Anlage mehr Sinn macht als eine 24V oder 48V Anlage. Oder es gibt gar keine Alternative zur 12V Anlage.Meiner Meinung nach sollten 12V Systeme bis maximal 500 Wp PV-Leistung genutzt werden. Für alles darüber macht eine 24V Anlage oftmals mehr Sinn.
Sind typische Haushaltsverbraucher wie Waschmaschine, Spühlmaschine oder gar ein E-Auto zu versorgen, sollte man sich unbedingt das 48V System anschauen. Hierbei aber lieber einen Elektriker zu Rate ziehen, da die Gleichspannung in dieser Größe lebensgefährlich ist.